Bagno Vignoni

Die Wiesen in saftigem Grün, wohin sich der Blick auch richtete, es blühte in den Gärten, auf den Fensterbrettern, vor den Türen, in Töpfen und am Wegrand. Entlang der Feld- und Wanderwege fanden sich seltene Wildblumen, deren Duft sich mit den ersten Kräutern dieser Saison paarte und ein betörendes Aroma verbreitete. Kurz und gut, es war wie ein legaler Drogenrausch.

Nun, nur so friedlich hatte dieser Tag freilich nicht begonnen, trieb doch unser alter Ungustl die Truppe schon um 06.00 Uhr früh aus den Federn, um das Ausflugsziel dieses Tages, die mittelalterliche Therme Bagno Vignoni, möglichst früh zu erreichen. Warum, werden sie sich ebenso fragen wie die verstörten Reisegefährten, ein 500 Jahre altes Schwefelbecken kann man doch um 11.00 Uhr am Vormittag wohl auch noch früh genug betrachten?

Und stinken tut’s um 6 h genauso wie um 11 h. Doch seine Sturheit blieb unbeirrbar, stammelte irgend etwas von ‚beste Fotozeit’, ‚keine Menschen’, zappelte unruhig vor dem Auto auf und ab, bis sich der immer noch im Dämmerzustand befindende Rest der Gruppe aufgerafft hatte, um sie dann mit etlichen Witzchen komplett an den Rand des Wahnsinns zu treiben. So war er halt einmal, der Melzer.

Bis zum Abend hatten sie ihm wieder verziehen, präsentierte sich doch dieser fast mystische Ort wirklich von seiner schönsten Seite. Tatsächlich weit und breit kein Mensch, die Stille dieses frühen Tages wurde nur durch das sanfte Blubbern des aufsteigenden Thermalwassers unterbrochen, Dunst lag über dem 50 x 20 m großen Becken, in dem schon die Griechen, Etrusker und Römer ihre Wehwehchen auskuriert hatten. Papst Pius II, zugleich Förderer des nahen Pienza, hatte sich in Bagno Vignoni sogar einen kleinen Palast erbauen lassen, heute ein nettes Hotel, direkt an einem der schönsten Plätze der Toskana gelegen.

Auf alle Fälle eine "Località molto interessante" - wie es die italienischen Reiseführer bezeichneten. Der perfekte Ort für den Ruhesuchenden, fürs "sich zurücknehmen". Im erwähnten Hotel gab es dann sogar noch ofenfrische Cornetti con Marmellata, da blieb dem Melzer gar nichts anderes übrig, als zur Friedenssicherung die Gruppe auf ein Frühstück einzuladen.